Rezensionen und Lesetipps
An dieser Stelle weisen wir Sie auf Bücher hin, die auf verschiedensten Wegen zu uns gefunden haben.
Vielleicht können wir mit unseren Besprechungen Ihr Interesse wecken, sie ebenfalls zu lesen.
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Der Metzger holt den Teufel
von Thomas RaabRezension von Josef Graßmugg
Willibald Adrian Metzger bekommt Gesellschaft. Denn nicht nur die Polizei rückt ihm im wahrsten Sinne des Wortes zu Leibe, auch eine schöne Unbekannte tritt unvermutet in sein Leben. Alles beginnt damit, dass am Morgen nach dem Besuch eines klassischen Konzerts auch für eine Musikerin des Orchesters der Schlussakkord erklingt vorbei ist es für den Metzger mit der Ruhe. Und es dauert nicht lange, bis er neben weiteren Musikerinnen mit durchschnittener Kehle und einem unleidlichen Kommissar auch noch schwerwiegende private Probleme am Hals hat Thomas Raab schickt seinen erfolgreichen Ermittler Willibald Adrian Metzger in einen neuen Fall, in dem gute Musik und die besseren Kreise bedeutende, wenn auch unrühmliche Rollen spielen.
Mit seinen Kriminalromanen um Restaurator Willibald Adrian Metzger belegte Thomas Raab wochenlang die ersten Plätze der österreichischen Bestsellerlisten: Nun ermittelt der Metzger unter Aristokraten und Musikern und bekommt es mit einem gänzlich unkultivierten Serientäter zu tun.
Mehr Infos unter www.thomasraab.com
Getrenntes Glück
von Marianne BlasinskiRezension von Josef Graßmugg
1946 werden in Tegel der Junge Pierre und in Weißensee das Mädchen Sonja geboren. Die Mütter der beiden sind Cousinen, und von den Vätern ist der eine Franzose und der andere Russe. Die Mütter ziehen beide Kinder allein groß - was für beide gleich schwer ist, zumindest bis 1949. Erst nach der Währungsreform beginnt sich die wirtschaftliche Situation im Westteil zu normalisieren, woran letztlich auch Sonja teilhat, denn Pierres Mutter unterstützt ihre Cousine nach Kräften. Die beiden Kinder werden gemeinsam groß, besuchen gemeinsam ein Gymnasium im Westteil der Stadt und finden sich auch sonst ganz sympathisch. Ehe sie ihr Glück jedoch genießen können, sind sie bereits wieder getrennt. Denn zwischen ihnen ist über Nacht eine Mauer gewachsen, die - scheinbar - unüberwindlich ist.
Marianne Blasinski erzählt in ihrem Roman die uralte und doch ewig neue Geschichte von zwei Liebenden, die nicht zueinander kommen können.
Marianne Blasinski wurde 1928 als Tochter eines U-Bahnfahrers in Berlin geboren. Sie absolvierte acht Volksschuljahre und danach eine Lehre als Technische Zeichnerin. Mit zwanzig Jahren begann sie zu schreiben. In den 70-ern wurden erstmals ihre Erzählungen in mehreren Zeitschriften veröffentlicht. In den darauf folgenden dreißig Jahren erschienen in verschiedenen Verlagen dreizehn Bücher-Romane und Biografien.
DEIN FLEISCH UND BLUT
von Nicole MakarewiczRezension von Josef Graßmugg
THRILLER – So steht es am Cover.
Der blutfarben geschriebene Titel und die verloren daliegende Puppe sind erste Anzeichen, ein bedrückendes Buch in Händen zu halten.
Der tagebuchartige Roman beschreibt fünf Monate aus dem Leben und Umfeld der Journalistin Leah Sebelia.
Obwohl – es sind nicht nur diese fünf Monate, in denen man Leahs unsichtbarer Begleiter sein darf. Es ist ihr gesamtes bisheriges Leben, das sich allmählich offenbart – auch ihr selbst!
Dabei fordert die Arbeit, der sie sich verschrieben hat, wesentlich mehr Zeit als ursprünglich geplant. Es begann mit der Recherche für einen Pädophilen-Artikel. Aber sie konnte nicht abschalten, musste „dranbleiben“.
Sie will ein Buch darüber schreiben.
Leah wird mit Informationen aus der Szene versorgt, trifft sich mit Betroffenen, erhält einen – zunächst unbeachteten – Brief mit den Zugangsdaten zu einem Pädophilenforum.
Ihr Engagement für das geplante Buch fordert das erste Opfer: Die Beziehung zu ihrem Partner Max scheitert.
Während sich Leahs Mutter in Kenia aufhält, stößt sie in einer Zeitung auf die Todesanzeige eines Mannes, die sie stutzig macht. Sowohl Name als auch Alter sind ident mit den Daten ihres Vaters. Sie hatte ihn nie kennen gelernt. Von der Mutter wusste sie nur, dass er gestorben wäre, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen sei.
Leah kann nicht umhin, sie muss zur Verabschiedung des Verstorbenen. Tatsächlich lernt sie dort ihre Halbschwester Mara und deren Freund Ben kennen.
Damit beginnt die Reise in ihre persönliche Vergangenheit.
Aber Leah steht unter Zeitdruck. Auch in der Gegenwart überschlagen sich die Ereignisse. Mara ist ihr als Computerexpertin bei den Recherchen eine große Hilfe. Gemeinsam dringen sie in immer tiefere Kreise des Pädophilenringes vor. Der Computer kann weder Täter und Opfer, noch all die abartigen Geschehnisse dauerhaft verbergen.
Die Grausamkeiten suchen sich ihre Plattformen auch in der realen Welt. Menschen – ob Erwachsene oder Kinder – sind nichts wert. Leichen werden zur Selbstverständlichkeit. Doch da ist dieses Mädchen, Elina . . .
Nein, Leah darf die Augen nicht verschließen, darf nicht kapitulieren!
Das Buch ist kein Konzernprodukt, nicht „über einen Kamm geschoren“. Wenn schon der Plot kaum Freiheiten für positive Stimmungen während des Lesens zulässt, so geschieht es doch durch den Einsatz der Sprachvarietät. Es sind vor allem Wörter aus dem Bereich der Kulinarik, die untermauern, dass Österreich Schauplatz der Geschehnisse ist. Bezeichnungen wie Kernölflecken, Erdäpfelgulasch oder Kaiserschmarrn sind wohldosierte Zutaten zum Gesamttext.
Auch ein Liebesakt, dem sich Leah hingibt, beschreibt als Kontrast zu all dem Hässlichen, das ihr begegnet, die Schönheit körperlicher Liebe.
Ob für Leah eine Zukunft bleibt?
Scheitert sie bei ihrem Kampf um Elina schon in der Gegenwart?
Oder vielleicht sogar an ihrer eigenen Vergangenheit?
Alle, die dieses Buch lesen, werden es erfahren.
Beim Holzbaum-Verlag ist das Buch inzwischen leider vergriffen, als E-Book jedoch erhältlich.
Holzbaum Verlag, Wien
ISBN 978-3-902980-74-8
die letzte frage der menschheit - siebzehnsilber
von Rudolf KrausRezension von Josef Graßmugg
Ist „schein oder nichtschein“ tatsächlich die letzte Frage der Menschheit?
Endzeit-Gedanken formieren sich vielleicht eher bei „geist grüner träume / wer gibt nun den löffel ab / wenn der teufel tanzt“.
Wenn schon nicht das Ende der Menschheit betreffend aber ein trauriges Kapitel für das Kulturland Österreich fasst der Autor mit folgenden 17 Silben zusammen: „ich höre ö eins / ö eins gehört ins funkhaus / ihr habt es gehört“.
Dem Autor gelingt es aber auch schöne Bilder zu transportieren. Eines dieser Beispiele ist das Eintauchen in den Herbst auf Seite 39.
Unmittelbar davor bezeichnet er jedoch einen Dreizeiler als Haiku – der schlicht und einfach kein Haiku ist.
Eigentlich sollte der Lyrikband mit Siebzehnsilbern angefüllt sein. Doch sind Sechzehn- oder Achtzehnsilber ebenfalls keine Seltenheit.
So wäre es kein Problem gewesen, etwa bei der Legenden-Aufzählung von Rapid Wien „herzog“ gegen „stumpf“ auszutauschen – und der Siebzehnsilber hätte wirklich 17 Silben.
Auf den ersten Abschnitt „frische siebzehnsilber“ folgen als Dialekt-Kostproben einige Seiten „neiche dreizäula“. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Die Texte sind durchwegs gut lesbar. Hier ein Beispiel: „so a schtumma fisch / dea oiwäu im wossa schwimmt / mocht´s mäu auf und zua“.
Den dritten Teil bilden die „#freitagsdreizeiler“.
Auch hier wieder sehr konträre Texte. In jeder Hinsicht sprunghaft, bunt zusammengewürfelt. Auf der einen Seite das Wachrütteln von Erinnerungen an Karl Krolow oder den Fall der Berliner Mauer, auf der anderen Seite Befindlichkeitstexte und Anlehnungen an Auszählreime für Kinder.
Aber schließlich mündet alles in der Erkenntnis des letzten Textbeitrages von Rudolf Kraus: „jeder dreizeiler / verbirgt eine ganze welt / du musst nur lesen“.
Verlagshaus Hernals, Wien
ISBN 978-3-902975-73-7
Einträge 61 bis 64 von 64